Wir haben in den vergangenen Jahren viele Kuriositäten gesehen, doch der Verlauf des 15. Junis stellt einen neuerlichen Höhepunkt des Investment-Wahnsinns dar: Nachdem die Börsen im Vorfeld der Zinsentscheidung der US-Notenbank Fed im Wartemodus verharrten, ging es nach Bekanntwerden des erwarteten Zinsschrittes um 0,75 Prozentpunkte bergab. Doch am späten Abend folgte dann von einer Sekunde auf die andere ein Stimmungsumschwung: Steigende Zinsen – gerade noch „flop“, dann plötzlich „top“ für Aktien?
Dass sich die Finanzmärkte im Ausnahmezustand befinden, zeigte eine weitere Entwicklung, die ebenfalls am 15. Juni bekannt wurde. So hat die Europäische Zentralbank kurzfristig eine Sondersitzung einberufen, um über Maßnahmen gegen den Anstieg der Zinsen für Staatsanleihen zu sprechen. Denn vor allem die südeuropäischen Schuldenstaaten müssen dank der Leitzinserhöhung sowie der Aussicht auf weiterhin steigende Zinsen nun deutlich mehr Geld für ihren Schuldendienst haben – doch dieses Geld fehlt im Staatssäckel.
Nun wird also deutlich, dass sich die Europäische Zentralbank in eine dramatische Sackgasse manövriert hat. Die Zinsen weiter erhöhen? Eigentlich dringend nötig angesichts der Rekordinflation! Spanien, Italien oder Griechenland in den Ruin treiben? Ein absolutes Tabu! Man erinnere sich an die Worte von Mario Draghi: „Whatever it takes!“ sagte dieser einst im Hinblick auf die Euro-Rettung. Die Frage ist, wer das alles bezahlen soll, was gebraucht wird, um den Euro zu retten. Die Antwort erleben Millionen Verbraucher derzeit Tag für Tag an der Zapfsäule, im Supermarkt oder bei ihrer Stromrechnung.